"Designing Design Education" - iF Design Foundation veröffentlicht Whitebook zur Zukunft der Designausbildung
Die berufliche Praxis im Design verändert sich. Welche Konsequenzen hat dies für die Designausbildung? Was muss im Designstudium gelehrt werden, damit Designer die Herausforderungen der Zukunft antizipieren und darauf reagieren können? Antworten auf diese und viele andere brennende Fragen gibt das von der iF Design Foundation herausgegebene Buch "Designing Design Education. Whitebook on the Future of Design Education". Es dokumentiert die Ergebnisse von fünf Jahren wissenschaftlicher Forschung und eines intensiven, interkontinentalen Austauschs mit über 250 Designexperten aus 25 Ländern. Die Vorworte stammen von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, und Design-Ikone Dieter Rams. René Spitz ist Professor für Designwissenschaft und Kommunikationsmanagement an der Rheinischen Fachhochschule (RFH) in Köln und Autor des Buches. Lesen Sie hier ein exklusives Interview mit ihm:
Im Auftrag der iF Design Foundation haben Sie "Designing Design Education - a Whitebook on the Future of Design Education" geschrieben. Den Umschlag des Buches ziert folgende Aussage: "Design heißt: Eine andere Lösung ist möglich." Warum ist eine andere Lösung für die Designausbildung notwendig?
Spitz: Design als Berufspraxis hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Das sagen alle Experten, mit denen wir gesprochen haben, weltweit. Dieser Wandel schreitet immer schneller voran. Seine Auswirkungen wirken sich immer stärker auf das Design aus. Und sie werden immer weniger vorhersehbar. - Verglichen mit dieser Praxis und diesen Aussichten hat sich die Designausbildung in den letzten Jahrzehnten jedoch kaum verändert. Deshalb ist die Zeit überfällig, die Ausbildung ebenso radikal zu überdenken.
Dieses Buch geht der Frage nach, wie die Designausbildung in Zukunft aussehen muss, um auf die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft reagieren zu können. Was sind zusammenfassend die wichtigsten Erkenntnisse?
Spitz: Im 21. Jahrhundert haben alle Aspekte der Designpraxis, die im 20. Jahrhundert neu und charakteristisch für Design waren, ihre Besonderheit verloren. So sind die meisten manuellen Tätigkeiten, die typisch für Design waren, längst durch die Digitalisierung ersetzt worden. Die Designausbildung hat hierauf kaum reagiert. - Im Grunde läuft es auf einen zentralen Punkt hinaus: Im 20. Jahrhundert wurde Design als Ergebnis gesehen. Das wird nicht mehr ganz verschwinden. Aber der Schwerpunkt hat sich verschoben: In unserer Gegenwart und Zukunft tritt Design als Prozess in den Vordergrund. Für das Design des 21. Jahrhunderts stehen nicht mehr die Antworten auf ästhetische Fragen im Vordergrund. Wichtiger sind Kompetenzen zur internationalen, interdisziplinären, interkulturellen und hierarchieübergreifenden Zusammenarbeit in gemischten Teams auf der Basis menschlicher Werte, um einen nachhaltigen Beitrag zum Public Value zu leisten.
DESIGNKONFERENZEN
Die Konferenz in Zusammenarbeit mit dem Kyoto Institute of Technology (KIT) im November 2019 befasste sich mit der moralischen Dimension des angemessenen Umgangs mit der kulturellen Tradition und dem verantwortungsvollen Handeln für künftige Generationen.
In Zusammenarbeit mit dem ArtCenter College of Design standen in Kalifornien Fragen zur Struktur und Organisation der Designausbildung im Vordergrund.
In mehrtägigen Konferenzen auf verschiedenen Kontinenten wurden zahlreiche Ideen für die konkrete Umsetzung in Designtheorie und -studien gesammelt.
Im März 2019 werden 30 Experten aus Wirtschaft, Lehre und Forschung ihre Erfahrungen austauschen.
Auf der Konferenz in Johannesburg im Februar 2020 ging es um die Diskussion afrikanischer Kulturkonzepte wie das innere Auge oder die Weisheit traditioneller, anonymer Artefakte im Gegensatz zur unbestrittenen Dummheit vieler Industrieprodukte.
Die Konferenz in Zusammenarbeit mit dem Kyoto Institute of Technology (KIT) im November 2019 befasste sich mit der moralischen Dimension des angemessenen Umgangs mit der kulturellen Tradition und dem verantwortungsvollen Handeln für künftige Generationen.
In Zusammenarbeit mit dem ArtCenter College of Design standen in Kalifornien Fragen zur Struktur und Organisation der Designausbildung im Vordergrund.
In mehrtägigen Konferenzen auf verschiedenen Kontinenten wurden zahlreiche Ideen für die konkrete Umsetzung in Designtheorie und -studien gesammelt.
Im März 2019 werden 30 Experten aus Wirtschaft, Lehre und Forschung ihre Erfahrungen austauschen.
Auf der Konferenz in Johannesburg im Februar 2020 ging es um die Diskussion afrikanischer Kulturkonzepte wie das innere Auge oder die Weisheit traditioneller, anonymer Artefakte im Gegensatz zur unbestrittenen Dummheit vieler Industrieprodukte.
Heute blicken Sie auf fünf Jahre internationale Forschung mit der iF Design Foundation zum Thema "Designing Design Education" zurück. Ausgangspunkt war eine von Ihnen im Jahr 2016 durchgeführte Studie zur Zukunft der Designlehre. Nun halten wir das Ergebnis Ihrer intensiven Forschung in Form des Whitebooks in den Händen. Was ist in der Zwischenzeit alles passiert?
Spitz: Am Anfang standen die Interviews mit 150 Experten. Diese Interviews haben wir immer vor Ort geführt: In Asien, in Europa und in den USA. Viele Interviewpartner sind auch in anderen Regionen der Welt tätig: Indien, Australien, Afrika und Südamerika. So haben wir möglichst viele unterschiedliche Perspektiven einbezogen. Wir haben alle diese Aussagen ausgewertet. Wir wollten die Ergebnisse jedoch nicht für uns behalten, sondern sie der internationalen Gemeinschaft zurückgeben. Zu diesem Zweck haben wir 2019 und 2020 Anhörungen in Europa, Asien, Afrika und den USA durchgeführt. Wir haben gefragt, welche regional und kulturell unterschiedlichen Antworten sich aus den nun deutlich gewordenen Fragen ergeben. Den gesamten Prozess haben wir dokumentiert. Diese Dokumentation ist nun als Whitebook verfügbar.
Was waren Ihre persönlichen Highlights? Welche Anekdote würden Sie gerne erzählen?
Spitz: Das gesamte Projekt war für mich ein einziges Highlight. Die Interviews, Beobachtungen, Begegnungen mit Menschen und Workshops waren bereichernd und wertvoll. Ich möchte keine einzige Sekunde davon missen. Am letzten Tag, im letzten Moment der Abschlussanhörung, wurde mir bewusst, wie sehr dieses Projekt auch zu einem persönlichen Anliegen für mich geworden ist. Wissenschaftlich gesehen, war es nur das Ende der Datenerhebungsphase. Aber als wir uns in Johannesburg voneinander verabschiedeten, wurde mir plötzlich bewusst, dass diese lange Phase des Austauschs nun zu Ende ist, und das trieb mir vor allen Teilnehmern die Tränen in die Augen.
Als Expertin beschäftigen Sie sich seit vielen Jahren mit Design, das für Sie ein Lebensthema ist. Was haben Sie persönlich durch den Austausch mit den anderen Experten Neues gelernt?
Spitz: Das kann ich ganz einfach sagen: Alles, was in dem ganzen Buch steht, war mir vorher so nicht klar. Und darüber hinaus kann keine digitale Technologie den zwischenmenschlichen Austausch live und vor Ort ersetzen, wenn wir im Design Erkenntnisse gewinnen und passende Antworten formulieren wollen (Die Fragen stellte Anne Polch-Jahn, Senior Public Relations Consultant bei neumann communication, Köln)