Stephen Burks im Interview: Was ist großartiges, nachhaltiges Design?
Welche Techniken wenden große Designer an, um Produkte zu entwickeln, die die Menschen lieben? Wie entscheidet die iF Final Jury, welche Projekte und Produkte eine Auszeichnung verdienen? Wir sprechen mit angesehenen Designern, um Ideen und Einblicke zu erhalten, was gutes Design ausmacht.
Heute sprachen wir mit Stephen Burks, Inhaber und Geschäftsführer von Stephen Burks Man Made, einem Designstudio in New York. Stephen war zudem Mitglied der iF Final Jury 2024.
Stephen, wie würdest du deine Arbeit beschreiben? Sie scheint irgendwo zwischen Design und Kunst angesiedelt zu sein und auch das Handwerk spielt eine große Rolle.
Wir betrachten sowohl Design als auch Kunst als kulturelle Produktion. Das Wichtigste für uns ist, dass das Design den Willen und die Vorstellungskraft von Gemeinschaften und Menschen widerspiegelt. Ideen sind für uns interessanter als die Form.
Übrigens, wenn ich über unsere Arbeit spreche, sage ich 'wir' und 'unser', womit ich das Studio Stephen Burks Man Made meine. Dieses 'wir' bedeutet alle, die uns unterstützt haben, denn es ist keine individuelle Reise. Design ist nicht etwas, das von einer einzelnen Person gemacht wird. Das Modell des 20. Jahrhunderts vom Designer als Autor, der im Atelier sitzt und Produkte signiert, gibt es in der realen Welt einfach nicht.
Die Webereikultur ist eines der wenigen gemeinsamen Elemente, die in allen Kulturen der Erde zu finden sind. Sie ist auch die Grundlage für die Möbel von DEDON, unserem wichtigsten Kunden.
Ich glaube, dass Handwerk eine Form von Luxus ist. Wir müssen die Wahrnehmung des Handwerks wirklich ändern, um Investitionen dorthin zu bringen, wo die Arbeit gemacht wird. Wenn Hermès seine Taschen in Frankreich herstellt, gilt das als Luxus. Aber wenn die Weber auf den Philippinen ihre Arbeit machen, braucht es eine europäische Marke, um als Luxus wahrgenommen zu werden.
Welche Rolle spielen die Designer auf dem Weg zur Nachhaltigkeit?
Wenn man über Nachhaltigkeit spricht, hat man das Gefühl, dass es sich um ein individuelles Problem handelt. Als Designer müssen wir das große Ganze im Blick haben. Wenn ich in der Welt unterwegs bin, werde ich ständig daran erinnert, dass dies ein kollektives Problem ist. Obwohl man argumentieren könnte, dass die westliche Welt uns in diese Situation gebracht hat, wird der Westen nicht in der Lage sein, sie ohne den Rest der Welt zu lösen. Alle müssen mit am Tisch sitzen und darüber sprechen, was Design für sie bedeutet, und alle müssen von dem profitieren, was Design bringen kann.
Im 21. Jahrhundert muss der Designer ein Kollaborateur sein, ein Kanal, durch den Ideen fließen. Wenn wir wollen, dass die anderen 90 Prozent der Welt an dem teilhaben, was Design sein kann, dann müssen wir Brücken bauen. Ich denke, je mehr wir unsere Partner in der Industrie davon überzeugen können, andere Wege der Herstellung einzuschlagen, desto mehr profitieren auch sie davon, weil sie Zugang zu neuen Märkten haben. Wenn sie ein B&B Italia in Lagos eröffnen wollen, macht es vielleicht Sinn, mit einem nigerianischen Designer zusammenzuarbeiten. Je mehr Menschen sich am Design beteiligen, desto mehr Menschen können von dem Design profitieren.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit DEDON?
Ich hatte gerade meine erste Einzelausstellung im Studio Museum in Harlem, New York, eröffnet - Stephen Burks Man Made - daher stammt auch der Name unseres Studios. Danach fuhr ich mit meinem Katalog nach Italien zum Salone Internationale del Mobile, und jemand schlug mir vor, am DEDON-Stand vorbeizuschauen und mit Nicola Repetti zu sprechen, der damals Art Director war. Mir fiel sofort auf, wie exquisit die Möbel gemacht waren. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das alles von Hand gemacht war. So kam das Gespräch zustande.
Ich möchte nur kurz auf den Salone eingehen, denn er war das wichtigste Instrument für den Start meiner Karriere. Als amerikanischer Designer konnte ich direkt mit Entscheidungsträgern sprechen, einfach auf den Inhaber oder den Art Director eines Unternehmens zugehen und einen direkten Dialog über Design führen.
Wie sieht der Prozess aus, wenn du eine Kollektion für DEDON entwirfst?
DEDON beschäftigt in der Hochsaison etwa 1.500 Weber und kann 300 Möbelstücke pro Tag herstellen - in Handarbeit. Das Unternehmen ist einer der wenigen Partner, die wir gefunden haben, die es uns ermöglichen, mit den Meisterwebern auf den Philippinen zusammenzuarbeiten, wo die Möbel hergestellt werden. Wir haben jede der Kollektionen direkt vor Ort entwickelt, zusammen mit den Menschen, die die Möbel herstellen. Wir kommen mit Ideen und Skizzen, aber wir sind offen dafür, zu lernen, genauso wie wir offen dafür sind, zu lehren.
Wie war deine Teilnahme an der iF Final Jury? Woran erkennst du, welche Produkte und Projekte preiswürdig sind - auch in Bezug auf Nachhaltigkeit?
Es war beeindruckend, den Prozess der iF Final Jury zu sehen, der wie eine Momentaufnahme von Design aus der ganzen Welt ist. Es ist eine Antwort auf die Frage: Wie ist der Stand des Designs im Moment? In dieser Gemeinschaft von Designern zu sein, unter all diesen kreativen Menschen, die Design feiern, war eine großartige Erfahrung.